Wusstest Du schon? Wir könnten heute mehr produzieren als je zuvor in der Menschheitsgeschichte – und das mit weniger Arbeit. Eigentlich sollte das bedeuten, dass es uns besser geht. Aber Überraschung: Für viele junge Menschen fühlt sich das Leben an wie ein Upgrade auf "Hard Mode". Während die Älteren noch vom wirtschaftlichen Wohlstand träumen konnten und dieser Traum auch für viele in Erfüllung ging, kämpfen die Jüngeren oft darum, überhaupt den Status ihrer Eltern zu halten. Was läuft hier schief? Willkommen in der Welt von Robert und Lisa, einem Fertigungsingenieur (60 Jahre) und seiner Tochter (28 Jahre), die beide denselben Job ausüben – aber unter völlig anderen Bedingungen.
Robert begann seine Karriere Mitte der 1980er Jahren. Damals war die Welt der Fertigungsingenieure rosig. Deutschland, das Land der Dichter, Denker und Industriemeister, erlebte einen Produktivitätsschub. Maschinen wurden effizienter, Fabriken größer, und Robert konnte sich entspannt zurücklehnen. Mit seinem Gehalt konnte er sich ein Auto leisten, ein Einfamilienhaus bauen und jedes Jahr mit der Familie in den Urlaub fahren. Klingt zu schön, um wahr zu sein? War es aber.
Zwischen 1991 und 2015 wuchs die Produktivität der Erwerbstätigen in Deutschland kontinuierlich. In der gleichen Zeit stiegen Robert’ Löhne – real, nicht nur nominal. Sein Gehalt reichte, um seine Familie abzusichern, Vermögen aufzubauen und frühzeitig über eine private Altersvorsorge nachzudenken. Ein echter Wohlstandserbauer, dieser Robert. Übrigens: Damals betrug der Anteil der Löhne am Gesamteinkommen in Deutschland noch rund 72%. Heute? Nicht einmal 68%.
Fast Forward ins Jahr 2024: Lisa hat denselben Beruf wie Robert, aber eine ganz andere Realität. Die Produktivität hat seit der Zeit ihres Vaters nochmal ordentlich zugelegt – Maschinen denken schneller, Software optimiert Prozesse, und die künstliche Intelligenz macht den Alltag in der Fertigung effizienter. Dennoch bleibt am Monatsende weniger übrig als bei Robert vor 40 Jahren.
Warum? Weil Lisa ein Drittel ihres Gehalts für die Miete zahlt. Während Robert in den 80er Jahren noch knapp 15% seines Einkommens für das Wohnen aufbrachte, frisst der Mietmarkt heute riesige Löcher in die Haushaltskasse. In Städten wie München oder Berlin liegen die Mietpreise pro Quadratmeter mittlerweile bei über 16 Euro. Eine Wohnung zu finden, die nicht nach Hostel ausschaut, ist für viele junge Fachkräfte wie Lisa fast ein Ding der Unmöglichkeit.
Wie kann es sein, dass die Arbeitswelt effizienter wird, aber die Menschen ärmer? Ein Blick auf die Statistiken macht das Bild klar: Der Nettolohnanteil – also der Anteil der Arbeitnehmerlöhne am gesamten Volkseinkommen – ist seit den 90er Jahren stetig gesunken. 1991 lag dieser Anteil noch bei 52%. Heute ist er bei unter 48%. Und das trotz oder gerade wegen steigender Unternehmensgewinne.
Wo bleibt das ganze Geld, das durch die höhere Produktivität erwirtschaftet wird? Die Antwort: Es landet bei den Eigentümern der Produktionsmittel – sprich den Aktionären und Konzernen. Lisa und ihre Generation arbeiten sich den Rücken krumm, aber die Früchte ihrer Arbeit füllen die Taschen anderer.
Ein weiteres Problem ist der schwindende Einfluss von Tarifverträgen, die eigentlich ein Bollwerk gegen soziale Ungerechtigkeit sein sollten. Zwar stiegen die Tariflöhne im ersten Halbjahr 2023 nominal um 5,6%, doch die Inflationsrate von 6,4% fraß diesen Zuwachs mehr als auf. Reallohnverlust: willkommen im Alltag vieler Beschäftigter.
Lisa stellt fest, dass sie trotz harter Arbeit und langer Tage kaum vorankommt. Während Robert noch von einer starken gewerkschaftlichen Organisation profitierte, die ihm faire Löhne und sichere Arbeitsbedingungen garantierte, sieht Lisa heute eine ganz andere Realität: Tarifflucht durch Unternehmen, ein sinkender Organisationsgrad und ein geschwächtes System kollektiver Interessenvertretung.
Dabei liegt die Lösung auf der Hand: Wir brauchen wieder starke Gewerkschaften, die das Gewicht der Beschäftigten in die Waagschale werfen können. Der Organisationsgrad in Deutschland – aktuell nur etwa 17% der Beschäftigten – muss dringend steigen, um der Macht von Arbeitgebern Paroli zu bieten. Nur mit einer breiten gewerkschaftlichen Basis können Tarifverträge durchgesetzt und Löhne an die Lebenshaltungskosten angepasst werden.
Gleichzeitig ist die Politik gefragt, Tarifflucht konsequent zu bekämpfen. Unternehmen, die sich bewusst aus der Tarifbindung verabschieden, um ihre Löhne zu drücken, müssen stärker reguliert und sanktioniert werden. Lisa und ihre Kolleg:innen brauchen Gewerkschaften, die nicht nur reagieren, sondern aktiv für bessere Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung kämpfen.
Ohne eine starke tarifliche Organisation bleibt Lisa gefangen in einem System, das ihre Leistung nicht angemessen honoriert. Doch mit vereinten Kräften können die Beschäftigten wieder zurückgewinnen, was ihnen zusteht: Gerechtigkeit, Sicherheit und Perspektiven.
Und dann ist da noch die bittere Realität: In Deutschland wird man nicht durch Arbeit reich. Wohlstand entsteht heute vor allem durch Erbschaften. Wer Eltern hat, die ein Eigenheim besitzen oder große Vermögen hinterlassen, hat gute Karten. Alle anderen? Pech gehabt. Die Einkommensschere zwischen Arm und Reich klafft weiter auseinander. Die reichsten 10% der Deutschen besitzen inzwischen mehr als 56% des gesamten Vermögens. Die untere Hälfte? Besitzt zusammen nur knapp 1,3%.
Lisa sieht ihre Kolleg:innen und fragt sich: Wozu sich anstrengen? Wer nicht erbt oder im Lotto gewinnt, hat kaum eine Chance, langfristig Wohlstand aufzubauen.
Die Geschichten von Robert und Lisa zeigen: Unser Wirtschaftssystem funktioniert nicht mehr für alle. Es belohnt diejenigen, die bereits viel haben, und lässt jene zurück, die nur ihre Arbeit anzubieten haben. Das Problem liegt nicht bei Lisa oder ihrer Generation. Das Problem liegt in einem System, das den Profit über das Wohlergehen der Menschen stellt.
Es ist dabei ein beliebtes Narrativ, die Schuld für diese Missstände den Beschäftigten selbst zuzuschieben. „Die Deutschen arbeiten nicht mehr so hart wie früher“, heißt es oft. Doch das ist schlichtweg falsch: Die Erwerbstätigen in Deutschland leisten durchschnittlich 34 Stunden pro Woche, Teilzeitbeschäftigung eingerechnet, – das ist sogar mehr als in vielen anderen hochentwickelten Ländern wie den Niederlanden oder Dänemark, wo die durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten kürzer sind und dennoch Wohlstand generiert wird.
Zusätzlich haben deutsche Arbeitnehmer:innen in den letzten Jahrzehnten ihre Produktivität pro Arbeitsstunde kontinuierlich gesteigert. Die Behauptung von Faulheit ist nicht nur falsch, sondern zielt darauf ab, die Verantwortung für wirtschaftliche Ungerechtigkeit von den Strukturen auf die Individuen zu verschieben. Es ist an der Zeit, dieses Narrativ zu beenden.
Der technische Fortschritt sollte uns nicht dazu zwingen, immer mehr zu leisten, sondern uns die Möglichkeit geben, weniger zu arbeiten und dennoch gut zu leben. Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung ist die Einführung der 4-Tage-Woche. Länder wie Island haben gezeigt, dass eine reduzierte Arbeitszeit nicht nur die Produktivität aufrechterhält, sondern sogar die Zufriedenheit der Arbeitnehmer:innen steigert.
Für Lisa würde das bedeuten: weniger Stress, mehr Zeit für Weiterentwicklung, Familie oder einfach für ein ausgeglichenes Leben. Es ist ein Schritt weg vom Hamsterrad und hin zu einer Wirtschaft, die menschlicher und gerechter ist.
Es reicht nicht, hier und da ein bisschen nachzubessern. Was wir brauchen, ist ein neues Verständnis von Wirtschaft. Eine Wirtschaft, die dem Menschen dient und nicht andersherum. Das bedeutet:
Viele der hier genannten Forderungen wurden von der SPD in der Ampelkoalition bereits angestoßen. Beispielsweise plante die SPD eine Verlängerung der Mietpreisbremse, um steigenden Mieten entgegenzuwirken. Nach langem Ringen einigten sich SPD und FDP schließlich auf eine Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 – allerdings in deutlich abgeschwächter Form.
Ein weiteres zentrales Anliegen der SPD war die Einführung eines Tariftreuegesetzes, das sicherstellen sollte, dass öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die Tariflöhne zahlen. Dieses Vorhaben wurde jedoch von der FDP blockiert. Finanzminister Christian Lindner argumentierte, dass Unternehmen erst von Bürokratie entlastet werden müssten, bevor sie zu fairen Löhnen verpflichtet werden könnten – ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten.
Innerhalb der Ampelkoalition gab es auch Diskussionen über die Reform der Erbschaftssteuer und die Einführung einer Vermögenssteuer. Insbesondere die SPD und Bündnis 90/Die Grünen setzten sich für eine stärkere Besteuerung großer Vermögen und Erbschaften ein. Die FDP hingegen lehnte solche Maßnahmen ab.
Erbschaftssteuer: Die SPD forderte eine Reform der Erbschaftssteuer, um hohe Vermögen stärker zu besteuern. Ziel war es, die Steuerlast gerechter zu verteilen und soziale Ungleichheiten zu reduzieren. Die FDP widersetzte sich jedoch diesen Plänen, sodass es innerhalb der Koalition zu keiner Einigung kam.
Vermögenssteuer: SPD und Grüne sprachen sich für die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer aus, um sehr hohe Vermögen stärker zu belasten. Auch hier stieß der Vorschlag auf Widerstand der FDP, die eine solche Steuer ablehnte. Infolgedessen wurde die Vermögenssteuer nicht eingeführt.
Statt mutiger Reformen und sozialer Gerechtigkeit steht nun die Gefahr im Raum, dass wir in den kommenden Jahren von Friedrich Merz regiert werden – dem besten Kanzler, den uns die 1990er-Jahre schicken können. Mit einer neoliberalen Politik aus der Mottenkiste und dem Fokus auf Unternehmensinteressen würde Merz jede Hoffnung auf mehr soziale Gerechtigkeit im Keim ersticken.
Diese Beispiele verdeutlichen, wie wichtig es ist, bei den kommenden Neuwahlen eine starke SPD zu unterstützen. Nur mit einer klaren Mehrheit kann die SPD die dringend benötigten Reformen umsetzen, die für faire Mieten, gerechte Löhne und ein besseres Leben für alle sorgen. Deine Stimme für die SPD ist eine Stimme für Fortschritt statt Rückschritt, für soziale Gerechtigkeit statt Stillstand – und gegen die Rückkehr eines Politikstils, der uns in die Vergangenheit statt in die Zukunft führen würde.
Quellen u.a.:
Deutscher Mieterbund
Institut der Deutschen Wirtschaft
Landeshauptstadt München
Bundesamt für Statistik
Deutscher Bundestag
Die Welt
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
OECD